Skip to content

Wie ist es um die Frauen in der Wissenschaft bestellt?

Loading

Früher hätten nur wenige Frauen gewagt, sich für wissenschaftliche Themen zu interessieren. Die Zeit, in der Frauen sich dem Nähen, Malen, Klavierspielen und der Kindererziehung zu widmen hatten, ist gar nicht lange her.

Doch schon früh gab es Frauen, die Wissenschaftlerinnen und Vorkämpferinnen für die Rechte der Frauen wurden. Allerdings standen viele von ihnen im Schatten eines Ehemannes, der als der eigentliche Genius galt.

Gibt es viele Frauen in der Wissenschaft?

Festzustellen ist, dass der Anteil an Frauen in der Wissenschaft stetig steigt. Bisher sind jedoch laut UNESCO-Angaben nur 33,3 Prozent der Wissenschaftler weltweit Frauen. Schaut man sich die globale Situation genauer an, stellen fast überall Männer den höchsten Anteil an universitären und privaten Forschungseinrichtungen. Der Anteil an Studenten und Studentinnen ist hingegen häufig ausgewogen.

Wie kommt es dann, dass viele Frauen keine Karriere in der Wissenschaft anstreben? Warum setzen viele Frauen ihre Karriere nach der Geburt ihrer Kinder nicht fort? Der geringe Frauenanteil in der Wissenschaft wird von Joyce Tang auf vier Faktoren zurückgeführt:

  • Frauen haben angeblich geringere analytische Fähigkeiten. Sie seien schon aus biologischen Gründen emotionaler
  • Frauen und Männer haben angeblich unterschiedliche Vorlieben, was ihre Lebensplanung angeht
  • es existieren angeblich soziale oder äußere Faktoren, die weibliche Karrieren fördern oder behindern
  • und es existieren hinderliche gesellschaftliche Geschlechterhierarchien.

Ursachen für geringen Frauenanteil

Der geringe Frauenanteil in Forschung und Wissenschaft wurde 2006 von der OECD auf

  • die mangelnde Vereinbarkeit von Familie und Karriere
  • die familienbedingt geringeren Möglichkeiten, die Flexibilität und Mobilität für weitere Karriereschritte aufzubringen
  • die Bevorzugung von Wissenschaftler(inne)n, die viel publizieren gegenüber jenen, die vorrangig in der Lehre tätig sind
  • die weitgehende Planung großer Forschungsvorhaben durch Männer
  • sowie den Mangel an weiblichen Vorbildern.

Der traurige Punkt ist: All das ließe sich ändern. Es mangelt nicht wirklich an weiblichen Vorbildern. Doch statt Frauen in der Wissenschaft endlich die Anerkennung zu gönnen, die ihnen zukommt, geht wegen der Einführung einer Frauenquote in Führungspositionen ein Aufschrei durch die Gesellschaft. An vielen Universitäten ist es normal, dass weibliche Professorinnen von ihren männlichen Kollegen als weniger qualifiziert angesehen werden.

Tatsache ist jedoch, dass es genügend Frauen in der Wissenschaft gibt. Diese belegen, dass keiner der oben genannten Gründe eine Karriere tatsächlich verhindern kann. Sie muss nur konsequent genug verfolgt werden. Dazu ist allerdings oft die Unterstützung eines Mannes von Vorteil. Ist der Ehemann ebenfalls Wissenschaftler, darf die Frau mit Verständnis und Unterstützung rechnen.

Immerhin wurde die Förderung von Wissenschaftlerinnen seit 1980 auf bessere Füße gestellt. Nicht nur die OECD sieht die Gleichberechtigung beider Geschlechter in der Wissenschaft bisher nicht als gegeben an.

Ein Blick auf weibliche Nobelpreisträgerinnen

Wenn wir von Frauen in der Wissenschaft sprechen, ist ein Blick in die Liste der weiblichen Nobelpreisträger aufschlussreich. Der Nobelpreis gilt als höchste wissenschaftliche Anerkennung. Er spiegelt wegen seiner internationalen Bedeutung ein Bild wider, das die Lage der Frauen in der Wissenschaft verdeutlicht.

Marie Curie verdiente sich diese bedeutende Auszeichnung als einzige Frau gleich zweifach. Sie erhielt 1903 den Physik-Nobelpreis für die Entdeckung der Radioaktivität, zusammen mit ihrem Ehemann Pierre Curie und dem Physiker Henri Bequerel. Marie Curie war zudem die erste weibliche Nobelpreisträgerin überhaupt. Doch der Blick auf diese Auszeichnung offenbart das Missverhältnis der Geschlechter in der Wissenschaft: Bis 2020 wurden 782 männliche Wissenschaftler, aber nur 56 Wissenschaftlerinnen mit dem Nobelpreis geehrt.

Verteilung des Nobelpreises

Der Wirtschafts-Nobelpreis ging an 84 Männer, aber nur an zwei Frauen. Beim „Right Livelihood Award“ – der auch als alternativer Nobelpreis bekannt ist – sieht es nicht besser aus: Bisher wurden neben 101 Männern nur 57 Frauen und 58 Organisationen ausgezeichnet. Wie viele der ausgezeichneten Organisationen von Frauen ins Leben gerufen wurden, wird nicht spezifiziert.

Der Frauenanteil in der Wissenschaft mag mittlerweile bedeutend größer sein. Doch preiswürdige wissenschaftliche Arbeiten leisten meistens die Männer. Von Gleichheit kann keine Rede sein, auch wenn mittlerweile deutlich mehr Frauen wissenschaftlich tätig sind. Ob dies allerdings leitende Position betrifft, ist unterschiedlich. Frauen können heutzutage in Forschung und Wissenschaft Karriere machen. Doch es sind meist die Männer, die Auszeichnungen relevanter Institutionen wie der Nobelpreis-Akademie erhalten.

Das liegt allerdings nicht am zu geringen Frauenanteil in der Wissenschaft, sondern an den von Männern dominierten Forschungsprojekten. Vielleicht wäre es gerechter, einen eigenständigen Nobelpreis für die wissenschaftlichen Leistungen von Frauen einzuführen. Damit würde man jedoch die Gleichstellung der wissenschaftlichen Leistungen beider korrumpieren.

Ein historischer Rückblick

Schon in der Antike gab es nachweislich Frauen in der Wissenschaft. Es ist allerdings nicht allzu viel über sie bekannt. Im Mittelalter wurden Forschende schon nach Geschlechtern unterschieden. Frauen konnten oft nur im Nonnenkloster wissenschaftlich arbeiten.

Bis in die frühe Neuzeit ließen die meisten Universitäten keine Frauen zu. In den akademischen Zirkeln dominierten Männer. Frauen wurden im männerdominierten Bildungssystem benachteiligt. Erst mit dem späten 19. Jahrhundert wurde die akademische Laufbahn schrittweise auch für Frauen ermöglicht. Diese Entwicklung war vor allem der Frauenbewegung zu verdanken. Doch im männerdominierten Universitätsbetrieb konnten sich nur wenige Frauen als unabhängige Wissenschaftlerinnen durchsetzen.

Lange galt der Satz, dass eine Forscherin nur als Assistentin ihres wissenschaftlich arbeitenden Ehemannes Anerkennung für ihr Wirken erhalten konnte. Das galt selbst für eine wissenschaftliche Größe wie Marie Curie. Statt Lise Meitner, die es eigentlich verdient hätte, erhielt ihr Kollege Otto Hahn später den Nobelpreis für Chemie – und zwar für seine Ausarbeitungen von Meitners bahnbrechenden Erkenntnissen zur Kernspaltung. So viel zum Thema Wertschätzung der wissenschaftlichen Arbeit von Frauen.

Frauen in der Wissenschaft heute

Auch wenn es heutzutage mehr Frauen in der Wissenschaft gibt, ist die Wertschätzung vieler männlichen Kollegen noch nicht da angekommen, wo sie sein sollte. Bei der Vergabe von Forschungsaufträgen, Professuren und lukrativen Posten werden weiterhin Männer bevorzugt. Gleichstellungsbestrebungen durch die Einführung einer Frauenquote werden häufig unterlaufen. Es liegt nahe, dass man den Frauen mangelnde Qualifikationen unterstellt.

Der Zweig der feministischen Wissenschaftstheorie oder Wissenschaftshistorikerinnen wie Naomi Oreskes befassen sich mit der Situation weiblicher Wissenschaftler. Beide stellen die dominierenden Stereotypen über die Qualitäten weiblicher Wissenschaftlerinnen infrage. Die mangelnde Wertschätzung und Anerkennung weiblicher Wissenschaftlerinnen werden von althergebrachten Denkmustern und klischeehaften Ansichten unterfüttert. Diese lassen sich nur sehr schwer aufweichen.

Die Förderung von Wissenschaftlerinnen muss daher intensiviert werden. Schon in der Schule sollten Mädchen dazu ermutigt werden, wissenschaftlichen Interessen zu folgen. Wer seine wissenschaftliche Karriereplanung konsequent genug verfolgt, kann sich auch in einer männerdominierten Welt durchsetzen. Solange jedoch bei gleichen Qualifikationen Männer für eine Professur oder einen Posten im Wissenschaftsbetrieb vorgezogen werden, ist noch Luft nach oben.

Programme zur Förderung

Zahlreiche frauenspezifische Berufsverbände und Wissenschaftspreise wurden mittlerweile ins Leben gerufen. Wissenschaftlerinnen erhalten heutzutage leichter Stipendien und Forschungsgelder. Sie können auf deutsche, europäische oder internationale Fördermöglichkeiten zurückgreifen. Neben geschlechtsneutralen Wissenschaftspreisen existieren auch frauenspezifische Auszeichnungen.

Interessant ist jedoch, seit wann es die spezifischen Auszeichnungen für Wissenschaftlerinnen gibt: Seit 1933 existiert der „Annie-Jump-Cannon“-Preis für Nachwuchs-Astronominnen, seit 1949 die „Elizabeth Blackwell“-Medal, die medizinische und gynäkologische Forschungsarbeiten auszeichnet. Der 1951 etablierte „Agnes Fay Morgan Research-Award“ wird seither für außerordentliche Forschungsleistungen in Biologie und Chemie verliehen.

Doch das Gros der Auszeichnungen für weibliche Wissenschaftlerinnen resultiert aus den Jahren 1980 und folgende. Die Gleichstellungslücke ist offensichtlich.

Gleichstellung

In Deutschland treten vor allem das „Bundesministerium für Bildung und Forschung“ (BMBF) und die „Deutsche Forschungsgemeinschaft“ (DFG) für eine Gleichstellung von Wissenschaftlern und Wissenschaftlerinnen ein. Der politische Wille ist also erkennbar. Die von beiden Institutionen etablierten Programme sollen die Chancengleichheit fördern.

Das BMBF hat beispielsweise in Sache Künstliche Intelligenz (KI) ein Förderprogramm aufgelegt, das sich an Nachwuchsforscherinnen richtet. Das 2012 von der BMBF ins Leben gerufene Professorinnen-Programm hat die Vergabe von Leitungspositionen im Wissenschaftsbetrieb optimiert. Die Forderung lautet jedoch: Es muss zukünftig Gleichstellungskonzepte und volle Chancengleichheit an allen Hochschulen geben.

Kinder sollen keine Karrierehindernisse mehr sein

Für die „Deutsche Forschungsgemeinschaft“ (DFG) gehört die Gleichstellung zu ihren zentralen Aufgabenfeldern. Hier gibt es Bestrebungen, Wissenschaftlerinnen von Gremien-Tätigkeiten zu entlasten, Förderprogramme für ihren beruflichen Werdegang aufzulegen oder die Berücksichtigung individueller Lebensumstände mitsamt der enthaltenen Erziehungs- oder Pflegezeiten bei der Beurteilung wissenschaftlicher Leistungen einzufordern.

Die „Christiane Nüsslein-Volhard“-Stiftung setzt das bereits um. Sie finanziert jungen Doktorandinnen und Postdoktorandinnen des Faches Medizin oder aus experimentellen Naturwissenschaften Haushaltshilfen oder Kinderbetreuung. Die Stiftung engagiert sich außerdem im „For Women in Science„-Programm von UNESCO und L’Oréal. Es bietet Förderprogramme für Forscherinnen und vergibt Preise an vielversprechende oder namhafte Wissenschaftlerinnen.

Fazit

Auch wenn sich vieles verbessert hat, muss noch an diversen Stellschrauben gearbeitet werden, bis eine Gleichstellung vollzogen ist. Viele Institutionen arbeiten bereits daran, dass die wissenschaftlichen Fähigkeiten und Leistungen von Frauen die ihnen zustehende Anerkennung erhalten.