Lärm kann Leben und Wohlbefinden im Alltag erheblich beeinträchtigen. Gerade im städtischen Umfeld, wo Baustellen keine Seltenheit sind, kann insbesondere Baulärm zu einer deutlichen Einschränkung der Wohnqualität führen. Das ständige Dröhnen von Presslufthämmern, das Kreischen von Sägen und das Quietschen von schwerem Gerät sind häufig Ursache erheblicher Lärmbelastung.
Gerade wenn der Lärm auch in die eigenen vier Wände dringt, kann das zu einem echten Problem werden. Viele Mieterinnen und Mieter fragen sich dann, ob eine Mietminderung wegen Baustelle auf Nachbargrundstück rechtlich durchsetzbar ist. Die kurze Antwort lautet: grundsätzlich ja. Eine erfolgreiche Mietminderung muss aber formgerecht und korrekt durchgeführt werden. In diesem Beitrag erfahren Sie mehr.
Auf Baustellen gibt es diverse Maßnahmen, die Nachbargrundstücke schützen sollen. So etwa der Berliner Verbau. Er kann schützen, indem er eine stabile und sichere Abgrenzung bildet. Der Verbau besteht in der Regel aus Spundwänden, die in den Boden eingebracht werden, um das Nachbargrundstück vor Abrutschen, Erdrutschen oder anderen negativen Auswirkungen der Baustelle zu bewahren. Durch den Einsatz des Berliner Verbau-Systems wird eine temporäre Sicherung und Stabilisierung der angrenzenden Grundstücke ermöglicht, während die Bauarbeiten auf dem benachbarten Grundstück stattfinden. Trotzdem kann es bei Bauarbeiten zu Lärmbelästigung kommen. Was Sie in solchen Fällen tun können, erfahren Sie in diesem Beitrag.
Rechtsgrundlagen für Mietminderung bei Baustellenlärm
Grundsätzlich ist die Mietminderung ein rechtliches Instrument, mit dem Sie auf Mängel in Ihrer Mietwohnung reagieren können. § 536 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) regelt die Bedingungen, die dafür gelten. Mieterinnen und Mieter haben das Recht, die Miete zu mindern, wenn die Wohnung einen Mangel aufweist, der die Nutzung beeinträchtigt. Dieser muss nicht notwendigerweise physischer Natur sein. Auch andauernde Lärmbelastung kann einen Mangel darstellen, der eine Minderung der Mietzahlung rechtfertigt.
Dabei kommt es jedoch stark auf die konkreten Umstände an. Entscheidend ist, ob der Lärm eine erhebliche Beeinträchtigung darstellt. Aspekte wie die Lautstärke, die Dauer der Lärmbelastung und die Tageszeit, zu der der Lärm auftritt, sind dafür entscheidend. Voraussetzung für eine erfolgreiche Mietminderung ist daher typischerweise zunächst die Dokumentation des Problems.
Dokumentation der Beeinträchtigungen
Eine detaillierte Dokumentation ist entscheidend, um eine Mietminderung aufgrund von Baustellenlärm durchzusetzen. Dazu sollten Sie so früh wie möglich beginnen, ein Lärmprotokoll, in dem Sie die Art des Lärms, die genaue Uhrzeit, die Dauer und die Intensität der Belastung festhalten, zu führen. Wenn andere Nachbarn ebenfalls von der Lärmbelastung betroffen sind, kann es sinnvoll sein, die Dokumentation gemeinsam zu führen.
Im Rahmen der Dokumentation ist es zudem zielführend, Messungen des Lärms mit einem Dezibelmeter durchzuführen. Es gibt verschiedene Apps und spezielle Geräte, die zur Lärmmessung geeignet sind. Achten Sie darauf, die Messungen zu verschiedenen Zeiten und an unterschiedlichen Tagen durchzuführen, um ein genaues Bild der Lärmbelastung zu erhalten. Sofern der Lärm vor sieben Uhr morgens, nach acht Uhr abends oder an Sonntagen auftritt, sind Dokumentation und Messung zu diesen Zeiten besonders sinnvoll.
Zusätzlich zur Dokumentation sollten Sie möglichst früh den Kontakt zu Ihren Vermietern suchen. Auch das ist für eine formgerechte Mietminderung erforderlich.
Kommunikation mit dem Vermieter
Es ist wichtig, die Hauseigentümer frühzeitig über die Situation zu informieren. Beachten Sie dabei, dass nur schriftliche Kommunikation letztendlich wirklich rechtssicher ist. Dennoch kann es im Sinne eines guten Mieter-Vermieter-Verhältnisses natürlich sinnvoll sein, den ersten Kontakt in der Sache informell zu halten. In vielen Fällen können Vermieterinnen in solchen Fällen bereits erste Verbesserungen der Situation ermöglichen.
Rechtssicher wird es dann aber leider erst auf dem schriftlichen Weg. Zum Beispiel per E-Mail oder Brief. Mit einer schriftlichen Mängelanzeige, die eine genaue Beschreibung der Lärmbelastung und Ihre Dokumentation enthält, geben Sie den Vermietern die Möglichkeit, das Problem zu beheben. Zugleich schaffen Sie so die Rahmenbedingungen für eine mögliche spätere Mietminderung. Die Mängelanzeige sollte die ausdrückliche Aufforderung enthalten, dem Lärm etwas entgegenzusetzen.
Gelingt es den Vermietern dann nicht, geeignete Maßnahmen zu ergreifen, können Sie eine Mietminderung in Betracht ziehen. Auch das sollten Sie schriftlich ankündigen. Machen Sie dabei deutlich, dass Sie diese Maßnahme als letzten Ausweg sehen.
Beachten Sie, dass es bestimmte Situationen gibt, in denen eine Mietminderung wegen Baustellenlärms auf dem Nachbargrundstück nicht möglich ist. Das gilt zum Beispiel dann, wenn die Bauarbeiten bereits bei Einzug im Gang waren. Auch Bauarbeiten, die dem Allgemeinwohl dienen, müssen Sie in größerem Umfang hinnehmen. Letzteres kann zum Beispiel der Fall sein, wenn eine Brücke saniert oder Berliner Verbau zur Sicherung von Böschungen installiert wird.
Durchsetzung der Mietminderung
Die Durchführung einer Mietminderung sollte sorgfältig geplant und korrekt durchgeführt werden. Lassen Sie sich gegebenenfalls von einer Rechtsberatung oder Ihrem lokalen Mieterverein dazu beraten. Eine ungerechtfertigte Mietminderung kann im schlimmsten Fall ein Kündigungsgrund sein. Kommunizieren Sie die Mängel daher unbedingt im Vorfeld und geben ihm hinreichend Zeit, das Problem zu lösen.
Die Höhe der Mietminderung hängt von der Schwere des Mangels ab. Leider gibt keine festen Regeln, wie hoch eine Mietminderung bei Baustellenlärm sein kann. Die mögliche Höhe der Minderung hängt insofern stark vom Einzelfall ab. Ein Anwalt oder ein Mieterverein kann Ihnen helfen, eine angemessene Minderungsquote zu ermitteln. Die Rechtssprechung in Deutschland hat Mietern in der Vergangenheit bis zu 25 % Mietminderung bei Baustellenlärm auf dem Nachbargrundstück zugestanden.
Die Mietminderung erfolgt durch Zahlung der verringerten Miete. Zusätzlich sollten Sie die Hauseigentümer schriftlich über die Minderung in Kenntnis setzen. Achten Sie darauf, den geminderten Betrag korrekt zu berechnen und pünktlich zu überweisen. Alternativ besteht die Möglichkeit, die Miete weiter voll zu zahlen und darauf hinzuweisen, dass der zu mindernde Anteil als vorbehaltliche Zahlung zu begreifen ist. Das ist vor allem dann sinnvoll, wenn die rechtliche Bewertung der Berechnung noch nicht abgeschlossen ist. Dadurch geraten Sie, sofern die Mietminderung sich als nicht gerechtfertigt erweist, nicht in Zahlungsrückstand. Alternativ besteht zum Beispiel auch die Möglichkeit, ein Treuhandkonto einzurichten, auf das Sie die Minderungsdifferenz vorläufig überweisen. Das kann vor allem dann sinnvoll sein, wenn Ihre Vermieter bereits deutlich gemacht haben, dass sie die Mietminderung anfechten werden.
Berechnungsgrundlage der Mietminderung
Die Mietminderung wird immer im Verhältnis zur Warmmiete (also der Kaltmiete zuzüglich der mit der Miete zu entrichtenden Nebenkosten) berechnet. Wichtig dabei ist es, zu berücksichtigen, dass die endgültige Minderungshöhe insofern erst mit Abrechnung der Nebenkosten feststeht. Typischerweise können Nachzahlungen dann für den betreffenden Zeitraum auch noch gemindert werden. Umgekehrt kann es aber sein, dass Nebenkostenrückzahlungen durch die Vermieter reduziert werden.
Leider ist es nicht immer möglich, eine Mietminderung wegen Baustelle auf Nachbargrundstück durchzusetzen. Und selbst dann, wenn eine Mietminderung durchsetzbar ist, wird das eigentliche Problem damit noch nicht gelöst. Was können Sie also ansonsten tun, um mit der Situation umzugehen.
Weitere Maßnahmen zur Linderung der Beeinträchtigungen
- Lärmisolierung: Nutzen Sie schalldämpfende Materialien, um den Lärmpegel in Ihrer Wohnung zu reduzieren. Das Anbringen von Schallschutzvorhängen oder die vorläufige Anbringung von Lärmisolierungsmatten sind vergleichsweise einfache Maßnahmen, um zumindest etwas Lärm von der Baustelle zu „schlucken“.
- Lärmschutzkopfhörer: Kopfhörer mit sogenannter aktiver Lärmunterdrückung (Active Noise Cancellation) können ebenfalls helfen, mit der Lärmbelästigung umzugehen.
- Flexible Arbeitszeiten: Wer von zu Hause aus arbeitet, ist von Baustellenlärm natürlich besonders betroffen. Versuchen Sie, soweit das möglich ist, Ihre Arbeitszeiten an die Zeiten der höchsten Lärmbelastung anzupassen. Vielleicht können Sie früher anfangen oder später aufhören, um den besonders lauten Stunden auszuweichen.
- Entspannungstechniken: Lärm ist häufig Ursache von Stress und Unruhe. Das gilt selbst für die Zeit, in der er eigentlich bereits abgeklungen ist. Entspannungstechniken wie Yoga, Meditation oder Atemübungen können helfen, den Stress abzubauen. So lassen die negativen Auswirkungen von Lärm sich zumindest etwas lindern.<
- Kommunikation mit der Baustellenleitung: In einigen Fällen hilft es, das Gespräch mit der Baustellenleitung bzw. Baufirma zu suchen. Mitunter ist es zum Beispiel möglich, besonders laute Arbeitsvorgänge auf kürzere Zeitfenster zu konzentrieren. Wichtig ist dabei: Gehen Sie höflich auf die Baustellenleitung zu. Wer von Anfang an den Konflikt sucht, wird weniger erfolgreiche Kompromisse finden.
- Gemeinschaftliche Lösungen: Sprechen Sie mit Ihren Nachbarn. Vermutlich sind Sie nicht der Einzige, der vom Lärm betroffen ist. Gemeinsam können Sie effektivere Lösungen finden. Auch wenn es um Mietminderungen oder andere Rechtsmittel geht, sind Sie in der Gruppe stärker, als wenn Sie alleine den Konflikt mit dem Hauseigentümer oder der Baufirma suchen.
Fazit
Als Mieterin oder Mieter haben Sie die Möglichkeit, auf Baustellenlärm zu reagieren. Vor allem mit einer Mietminderung können Sie merklichen Druck auf Ihre Vermieter ausüben, etwas gegen den Lärm zu unternehmen. Das gilt auch für Lärm, der durch Baustellen auf dem Nachbargrundstück entsteht. Wichtig ist dabei allerdings, die Mietminderung rechtssicher durchzusetzen. Die sorgfältige Dokumentation des Lärms, die bestimmte, schriftliche Kommunikation der Mängel und schließlich die Mietminderung müssen korrekt durchgeführt werden.
Fehler bei der Umsetzung können sich für Sie rächen. Nehmen Sie daher gegebenenfalls rechtliche Beratung zum Beispiel durch einen Anwalt oder Ihren lokalen Mieterverein in Anspruch. Begreifen Sie die Mietminderung nicht in erster Linie als willkommene Gelegenheit, ein paar Euro zu sparen, sondern als Instrument, um Ihre Rechte durchzusetzen.